Newton Umbau - von der Blechdose zur Carbonkanone

Newton Umbau- Carbontubus und 3D gedruckte Teile

Der Umbau meines 6" f/4 Newtons - Es hätte eigentlich ein recht einfacher Austausch der Tuben werden sollen aber es wurde am Ende ein Projekt mit etlichen neuen Teilen die dafür hergestellt werden mussten. Warum? Einfach weiter lesen ;)

Vorgeschichte

Der TS-Photon 154/600 f/4 Newton ist ein recht kompaktes, schnelles Newton Teleskop für die Fotografie, es hat mit einige schöne Bilder geliefert, es hat aber auch einige Probleme. Die meisten sind der mangelnden Qualität geschuldet, es fing ja schon bei der Fangspiegelspinne an die mich gezwungen hat, das erste Upgrade zu machen. Der Monorail-OAZ war auch eine fragwürdige "Konstruktion" die zudem keine stabile Verbindung zum Komakorrektor erlaubte und auch hier musste ein Upgrade her.

Ich investierte in diese Upgrades einiges an Zeit und Geld aber es wollte mich nicht zufrieden stellen. Der Tubus aus Blech war qualitativ genau so eine Gurke wie die FS-Spinne. Die Bohrungen für die FS-Spinne waren sehr ungenau platziert, egal was ich versucht habe, die Spinnenstreben waren nie genau im Winkel zu einander. Auf den Fotos sah man immer auseinander driftende Spikes. Auch die Justagestabilität war inakzeptabel. Viele Gründe für ein Upgrade zu einem Carbontubus.

Ich bestellte also einen Carbontubus, passend zu meinem Teleskop. Auf Nachfrage beim Händler bekam ich eine Zusicherung, es ist ein passender Tubus, den man 1:1 mit dem Blechtubus ersetzen kann. Also alle Teile, die am Blechtubus dran sind, passen dann am Carbontubus...

Ankunft Carbontubus

Blech vs Carbon Links, der Blechtubus, rechts der Carbontubus. Nichts gegen diesen Tubus, es ist ein wunderschönes Carbonrohr, ich liebe ja Carbon aber wenn man sich die Position der OAZ-Bohrung ansieht, da stimmt etwas nicht. Auch der Abstand zwischen OAZ-Bohrung zu den Bohrungen für die FS-Spinne ist am Carbontubus deutlich größer. Im Normallfall würde ich das Ding direkt wieder einpacken und retour schicken aber ich wartete auf dieses Rohr satte 11 Monate und noch mal so ein Theater wollte ich mir nicht antun also überlegte ich mir erst mal, wie ich dieses Problem angehe. Der Backfocus passte beim Blechtubus gerade so dass der GPU-Korrektor nicht in den Tubus ragte wenn die Kamera im Fokus war. Wenn ich also alle Teile einfach so an den neuen Tubus montiere, wird mir der GPU mehr als 30mm in den Tubus ragen wenn die Kamera im Fokus ist. Das ist natürlich völlig inakzeptabel. Was bleibt? Der Hauptspiegel muss näher an den Fangspiegel. Und schon sind wir an einem neuem Problem. Die Hauptspiegelzelle, die am TS-Newton verbaut ist, lässt sich auf keinen Fall in den Tubus montieren, sie umschließt den Tubus von Außen. Da gibt es keinerlei Spielraum. Jetzt gibt es 2 Optionen. Tubus hinten kürzen oder eine neue Hauptspiegelzelle, die innerhalb des Tubus platziert werden kann.

Option 1 kann aber definitiv gestrichen werden denn die GSO-Ringe also Frontring, Hauptspiegelzelle und auch die Rohrschellen bzw. Tubusringe passen einfach nicht um den deutlich dickeren Carbontubus. Ich frage mich, was an diesem Tubus eigentlich kompatibel sein soll? Nichts passt! Wirklich nichts.

Planung am CAD

Um keine Fehler zu machen baute ich mir am CAD ein 3D-Modell der Teile wie Tubus, FS, FS-Spinne, HS, Tubusringe, Abschlussringe und eine Hauptspiegelzelle, die den Hauptspiegel an die richtige Position bringt. Einige der Teile bekommt dann der 3D-Drucker zum abarbeiten. Natürlich sieht eloxiertes Aluminium besser aus aber es ist dann auch deutlich teurer und schwerer als Kunststoff aus dem 3D-Drucker. Deshalb entschied ich mich für Teile aus dem Drucker. Natürlich nicht alles, nur Abschlussringe, Tubusringe, Taukappe ect. Also keine belastbaren Teile die präzise und formstabil sein müssen.

N150 600 F4 transparent So sieht das virtuelle Teleskop aus. Hier musste ich auch noch feststellen, dass der Fangspiegel unmöglich in die Mitte des OAZ zu bekommen wäre, dazu musste ich einen 15mm langen Spacer einsetzen der das erst ermöglichte. Auch eine deutlich längere Zentralschraube musste für den Fangspiegel eingesetzt werden. Bei dieser Gelegenheit achtete ich auf möglichst geringes Gewicht der Teile, ich will mit diesem Umbau auch maximal Gewicht einsparen und dabei auch einige Details einbeziehen, die mir das Arbeiten am Teleskop später auch erleichtern...

Taukappe Z.B. eine Taukappe bzw. Blendschutz der einfach und unkompliziert anzubringen ist. Hier habe ich einen Frontring mit eingesetzten Neodym-Magneten an dem eine Taukappe oder der Staubschutzdeckel angebracht werden kann. Dran halten, fertig. Das hält sehr sicher. Der Fokusmotor [MTF] wird auch magnetisch und sicher gehalten, da mache ich mir gar keine Sorgen. Auf der Rückseite ist auch ein Abschlussring mit Magneten, der hält einen Deckel mit einem 6015 Lüfter und 2 18650er Akkus für den Lüfter. Der Deckel wird zur Hauptspiegelkollimation abgenommen und danach wieder drauf gesetzt. Alles ohne Werkzeuge.

Tubusring Da die originalen Tubusringe viel zu eng waren, mussten auch neue, passende Tubusringe entworfen werden. Hier habe ich hin und her überlegt ob ich sie auch drucken sollte, immerhin müssen sie mein Wertvolles Teleskop mit weiterem Equipment sicher halten. Ich wollte es am Ende aber doch wissen. Die Ringe habe ich dann etwas überdimensioniert und die Schwachstelle, die Verbindung zur Prismenschiene, mit einem Alueinsatz deutlich verstärkt. Die Ringe sind viel stabiler als gedacht und ich habe nun volles Vertrauen dass da nichts passiert was nie passieren dürfte. Gegen Wärmeausdehnung bzw. dem Gegenteil habe ich die Ringe innen größer gestaltet als der Tubus im Außendurchmesser angibt. Zur Kompensation habe ich in die Innenseiten der Ringe eine Lage 1mm dicken Moosgummi eingeklebt und darauf 1mm dicken Filz. Der Tubus sitzt zwar weich aber trotzdem stabil innerhalb der Ringe. Hier hat der Kunststoff noch etwas Spielraum im Winter zu schrumpfen ohne dass er irgend wo überbelastet wird und dann reißt.

Spider Carbon Die Carbon-Fangspiegelspinne mit dem 70mm Fangspiegel hat schon einige Sterne eingefangen, im Blechtubus hat sie gute Dienste geleistet aber für den neuen Tubus muss auch sie ein Update erhalten. Wie oben schon mal erwähnt, ist das Maß zwischen OAZ-Bohrung und den Bohrungen für die Fangspiegelspinne deutlich größer als am Originaltubus. Genau genommen ist der Unterschied 15mm. Hierfür konstruierte ich mir einen Spacer der mir die fehlenden 15mm bringt. Der Spacer ist aus Gewichtsgründen auch gedruckt und in dem Spacer sind 3 15mm lange 4mm Alubolzen die die 3 Justierschrauben mit der Platte am Fangspiegelhalter verbinden. Ich wollte nicht dass die Justierschrauben auf den Kunststoff drücken, das hätte sich negativ auf die Justagestabilität, Temperaturstabilität und auch allgemein auf die mechanische Stabilität ausgewirkt. Prinzipiell ist der Spacer nur ein Halter für die 3 Alubolzen.

Aigrette ClipOn R40 Bei dieser Gelegenheit druckte ich mir auch noch 4 dieser Aigrette Masken aus. Damit kann man die Newton typischen Spikes ausblenden, probiert habe ich sie bisher aber noch nie. Bin aber gespannt was dabei heraus kommt. Notfalls kann ich sie einfach wieder abnehmen. Habe gelesen, wenn die Maske passt, sehen die Sterne in Etwa aus wie vom Refraktor, man verliert dafür etwas Kontrast weil das Licht der Spikes, einfach gesagt "ins Bild gestreut" wird. Für ein Experiment lohnt es sich trotzdem :)

Hauptspiegelzelle komplett Die Hauptspiegelzelle beschäftigte mich etwas länger. Das Problem war, der Tubus ist eigentlich für eine innen liegende Hauptspiegelzelle hinten zu kurz. Ich musste also eine extrem kompakte Hauptspiegelzelle entwerfen die auch noch Justierstabil ist. Folgende Variante hat das Rennen gewonnen: Der GSO-Hauptspiegelhalter ist geblieben, den verwende ich also weiter allerdings musste er im Außendurchmesser verändert werden. Er musste etwas abgedreht werden damit er im Tubus mit Veloursauskleidung nirgends anliegt. Das war kein Problem. Die Platte dahinter musste aber komplett neu gebaut werden. Ich fräste mir eine  3-eckige Platte aus Aluminium mit einer großen zentralen Bohrung um später Luft an den Spiegel befördern zu können und natürlich etwas Gewicht zu sparen. Die Federung zwischen Hauptspiegelzelle und Hauptspiegelhalter musste wegen dem Platzmangel auf nur 4mm beschränkt werden. Normale Federn scheiden hier aus. Die Lösung sind Tellerfedern. Jeweils 4 an allen 3 Ecken. Die Tellerfedern erzeugen aber eine sehr straffe Federung was mich zu sehr feinen Einstellgewinden gebracht hat. Die Entscheidung fiel auf M6x0,5 - ein sehr feines Gewinde das auch feinste Einstellungen erlaubt und zudem den hohen Druck der Federn ohne weiteres mittels Rändelmutter überwinden kann. Das gefällt mir schon mal sehr gut! Durch die extreme Federkraft und exakte Bohrungen für die M6x0,5 Stehbolzen ist die Justagestabilität schon einmal gewährleistet. Man könnte sogar auf die Konterschrauben verzichten, aber ich tue es lieber nicht. Hierfür sind jetzt 3 M5 Schrauben mit gedrucktem Rändelknopf zum aufpressen vorgesehen. Fürs Gewissen :)

 

Das Ergebnis

NCF 150 600 f4 1 NCF 150 600 f4 2

Der Newton Astrograph wurde getauft auf den Namen NCF-150/600 f/4

Die Gewichtsersparnis ist deutlich:

Teleskop mit Blechtubus: 6519gr

Teleskop mit Carbontubus: 5152gr

Die Gewichte wurden gemessen mit dem jeweils fertigem Teleskop inklusive Tubusringe, VixenStyle-Prismenschiene, 300mm Arca-Swiss Schiene für den Guider, Baader Steeltrack mit MTF-Adapter.

Das macht satte 1367gr Gewichtsersparnis.  Der Unterschied zwischen den beiden Tuben ist 915gr, die restlichen 452gr gehen auf die gedruckten ABS-Teile. Die neulich neu gelagerte HEQ-5 ist jetzt deutlich entlastet, das merkte ich beim ausbalancieren. Die Gegengewichte sind nun beide fast am oberen Ende der Gegengewichtsstange.

 

NCF 150 600 f4 3

 

Der fertige Newton Astrograph mit Baader Steeltrack, Asi071 MC Pro, TS-GPU, MTF, 60mm Guidingscope, Asi290 MM Mini.

...und weil es fertig ist, regnet es erst einmal. Die aktuelle Neumondphase geht auch in Wolken unter.  War ja klar...

 

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printables white

 

Viel Spaß beim nachbauen :)

 

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